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Fehlerhafte Beweiswürdigung führt zur erfolgreichen Revision

In einem aktuellen Fall hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Revision eines Angeklagten in wesentlichen Punkten als begründet anerkannt. Der Angeklagte war zuvor vom Landgericht Aachen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt worden. Diese Verurteilung umfasste insbesondere eine Verurteilung wegen besonders schwerer Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung und Nötigung. Der BGH hob nun das Urteil in einem entscheidenden Punkt auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts Aachen zurück.

Der Angeklagte und die Geschädigte hatten sich im Mai 2022 über soziale Medien kennengelernt und begannen eine lockere Beziehung mit einvernehmlichem Geschlechtsverkehr. Im Juni 2022 verschlechterte sich der psychische Zustand des Angeklagten, was zu einem aggressiven und bedrohlichen Verhalten führte. Am 1. Juli 2022 kam es zu einem Vorfall, bei dem der Angeklagte die Geschädigte mit einem Messer bedrohte und sie letztlich zu sexuellen Handlungen gezwungen haben soll.

Fehlerhafte Beweiswürdigung vom Landgericht

Die Revision des Angeklagten stützte sich auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts. Der BGH befand, dass die Beweiswürdigung des Landgerichts Aachen hinsichtlich der Verurteilung wegen besonders schwerer Vergewaltigung rechtlich fehlerhaft war. Die Beweiswürdigung des Landgerichts wies erhebliche Lücken auf und setzte sich nicht hinreichend mit allen wesentlichen belastenden und entlastenden Indizien auseinander.

Das Revisionsgericht stellte fest, dass das Landgericht bei seiner Urteilsfindung insbesondere auf die Aussagen der Geschädigten gestützt hatte, ohne deren Konsistenz und Glaubhaftigkeit ausreichend zu überprüfen. Es wurden Abweichungen und Widersprüche in den Aussagen der Geschädigten festgestellt, die nicht hinreichend durch aussagepsychologische Erklärungen begründet wurden. Außerdem wurde die Frage nicht erörtert, ob diese Abweichungen auf tatsächlichen Erinnerungslücken oder auf einer Fehlinterpretation der Ereignisse basieren könnten.

Das Landgericht hatte es ebenfalls versäumt, eine umfassende Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände vorzunehmen. Es wurde nicht ausreichend geprüft, ob die geschilderten Ereignisse tatsächlich so stattgefunden haben könnten, wie von der Geschädigten beschrieben. Zudem fehlten klare Feststellungen zu wesentlichen Punkten des Kerngeschehens und dem Verhalten des Angeklagten und der Geschädigten nach der Tat.

Angriff der Beweiswürdigung in der Revision

Diese Entscheidung des BGH zeigt, wie wichtig eine sorgfältige und umfassende Beweiswürdigung in Strafverfahren ist. Insbesondere in Fällen, die auf der Aussage einer einzigen Zeugin beruhen, also eine Aussage-gegen-Aussage-Konstellation vorliegt, müssen alle Indizien sorgfältig geprüft und bewertet werden. Die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung zur neuen Verhandlung geben dem Angeklagten die Möglichkeit, nunmehr die Beweiswürdigung erneut zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

BGH Beschluss vom 20.02.2024 – 2 StR 283/23

„Dieser Fall verdeutlicht, wie entscheidend es ist, alle Beweise und Zeugenaussagen akribisch zu prüfen, um in der Revision ein gerechtes Urteil zu erzielen.“

RECHTSANWALT UND FACHANWALT FÜR STRAFRECHT DR. MATHIAS SCHULT